Nothing Left
Narziss verweilt in der Idylle, erblickt im Wasser sich selbst, verliebt sich, doch kann sich nicht greifen. Der Jüngling verzweifelt an der unmöglichen Berührung im Spiegel und verliert den Verstand. Er versteinert zu Marmor, wird anschließend zur Blume mit gesenktem Blick und erzählt seit mehr als zwei Jahrtausenden den Konflikt von Differenz und Identität, von der ihm eigenen Doppeleinheit und Ambiguität. Die versuchte Übersetzung in den Erfahrungsraum des Digitalen schöpft aus diesem Mytheninventar, indem sie über die ihr eigene Möglichkeitsbedingung nachdenkt: im Delay einer Ovid-Rezitation irrt der Blick durch leere Szenen der Metamorphosen und verschränkt die entstehende Desorientierung genau im Moment seiner Verortung. Der Spiegelblick verliert sich körperlos im Wahn der digitalen Präsenz und löst durch seine Abwesenheit das Zitierte ein.